Banaler Tatort oder Horrorerlebnis?
Warum alles eine Frage der Sichtweise ist

Es war ein ganz normaler Montagmorgen nach einem ruhigen Wochenende, als mich eine Dame aus der Zentrale anrief. Sie fragte mich, ob ich zu einem Notfall fahren könnte, eine ältere Dame hätte angerufen und es sei dringend. Für mich kein Problem: Ich stieg in mein Auto und fuhr los… 

Angekommen in einem schicken Stadtviertel Frankfurts wartete die kleine, alte Dame bereits aufgeregt vor dem Gartentor. Sie war sehr emotional und rief mir schon entgegen: „Gott sei Dank sind Sie her, bitte helfen Sie mir.“ Ich habe Sie daraufhin gefragt, was denn überhaupt passiert sei, aber sie war so durcheinander, dass sie mir keine Auskunft geben konnte. Sie hat immer nur von Max erzählt und dass wohl etwas in der Küche passiert sei. 

Der Leichenfundort… 

Der Weg in die Küche führte über eine knarzende Treppe und ich wusste nicht, was mich jetzt hinter der Tür erwarten würde, ich hatte alle möglichen Bilder im Kopf und fragte mich wer wohl Max war und was mit ihm geschehen ist. So wie die Dame es mir erzählte, ging ich davon aus, dass es sich bei Max nicht um den Ehemann handelte, aber vielleicht um den Enkel? An der Türe angelangt, konnte ich durch das Milchglas erkennen, dass sich auf dem Boden etwas Dunkles abzeichnete. Ich konnte mir überhaupt nicht vorstellen, was jetzt auf mich zukommt. In Arbeitsschutzkleidung drücke ich die Klinke nach unten, öffnete langsam die Türe, aber diesmal kam alles anders, als ich es mir vorstellte. 

Die „Tatortreinigung“ 

Auf dem Boden lag eine tote Maus. Zugegeben, es war kein schöner Anblick, denn der Maus fehlte bereits der Kopf und auf dem Boden verteilte sich ein bisschen Blut. Bei diesem Anblick wäre die ältere Dame beinahe schon zusammengebrochen. Also betrat ich den Raum alleine und schloss die Türe hinter mir. Ich habe ihr versichert, dass ich mich darum kümmere. Im ersten Moment dachte ich sogar an einen Scherz und wartete, dass jetzt gleich jemand kommt und „versteckte Kamera“ ruft – doch das war nicht der Fall. Also entsorgte ich das tote Tier, wischte den kleinen Blutfleck auf und damit war meine Arbeit eigentlich schon erledigt. 

Nicht jeder sieht das Leben genauso wie du 

Schnell klärte sich auf, dass es sich bei Max um die Nachbarskatze handelte. Die alte Dame hatte sich immer ganz besonders um ihn gekümmert, ihn gefüttert, gestreichelt und schöne Tage mit ihm verbracht. Und jetzt hat ihr Max als Liebesbeweis eine tote Maus gebracht, was für freilaufende Katzen durchaus normal ist. Ich habe im Grunde genommen gar nicht verstanden, was das Problem war. Für mich war es eine mehr als banale Situation. Doch die Hausbewohnerin war immer noch sehr aufgelöst, daraufhin habe ich sie in den Arm genommen und ihr gesagt, sie müsse sich jetzt keine Gedanken mehr machen. Sie lud mich ein noch auf Kaffee und Kuchen zu bleiben, was ich gerne annahm, denn ihre Geschichte interessierte mich. Sie erzählte mir, dass ihr Mann im Krieg war und bereits verstorben sei. Just an diesem Tag war auf einmal Katze Max in ihr Leben getreten und für sie zum Ersatz für ihren Mann geworden. Sie hatte eine komplett andere Sichtweise auf die Dinge, als ich sie hatte.   

Akzeptiere andere Sichtweisen 

Für mich war dieser „Tatort“ nur eine Banalität, für die ältere Dame ein echtes Horrorszenario – es zeigt sich also deutlich, dass jeder Mensch eine andere Sichtweise hat. Schauen zwei Menschen aus dem gleichen Fenster mag der eine denken: „Was für ein schöner Sonnenuntergang“ der andere hingegen „Jetzt wird es schon wieder dunkel.“ Doch egal wie die Sichtweise des anderen Menschen ist, so ist es doch wichtig, diese zu akzeptieren und Verständnis dafür aufzubringen. Ist es für uns in Ordnung, dass unser Gegenüber die Dinge anders sieht oder eine andere Meinung hat, dann macht es uns wesentlich entspannter und hilft uns besser zuzuhören und andere Sichtweisen zu akzeptieren.